
Wenn man im Schwarzwald eine Live-Band serviert bekommt, noch dazu in einem absoluten Mainstreamladen, der nur Erfolg hat, weil es im Ort keine Alternativen gibt, sind die Erwartungen nicht sehr hoch. Hmmh, vielleicht ist der Laden ja aber genau deshalb so erfolgreich, weil er eben mainstream ist. Jedenfalls tummeln sich hier Gruppierungen, die sich ansonsten in einer Stadt ab sagen wir mal 20.000 Einwohnern eisern aus dem Weg gehen würden. Die Jacky-Cola-Jungs am Tresen mit ihren schwarzen Lederhosen und schwarzen T-Shirts, auf deren Rückseite vor 20 Jahren wahrscheinlich die aktuelle Iron Maiden Tourdaten gestanden haben. Heute wären sie damals auch in der Rockfabrik gewesen an einem solchen Abend. Außer dem “drunken Clan” von Ex-Metallern finden sich ein Füllhorn von 80er-Popperfrisen, stone-washed Jeanstypen und die eine oder andere Schönheit vom Lande. Der Laden ist berstend voll, so dass wir froh sind, 5qm freier Stehfläche zu bekommen. Sehr nahe an der Bühne und im Friteusengeruch, der aus der Küche herüberweht. Zu meiner positiven Überraschung spielt dieses Jahr nicht (wie sonst immer und das seit mindestens 10 Jahren) die lokale Langweilerband, deren Mitglieder 2 oder 3 Mal im Jahr ihr bürgerliches Dasein verlassen, um das zu spielen, was Hitradio Antenne-Egalwo immer als „Hits aus den 70ern, 80ern, 90ern und das Beste von heute“ präsentiert. Die Bandmitglieder scheinen alle um die 20 Jahre alt zu sein. Auffällig ist die Frontfrau, die nicht nur über eine wahnsinnige Stimme und ein sehr gutes Gitarrenspiel verfügt, sondern die dermaßen Hummeln im Arsch zu haben scheint, dass reihum ein anerkennendes Kopfnicken beim Zuprosten zur Pose des Abends wird. Man erzählt uns, dass sie auf der Pop-Akademie in Mannheim studiert. Vor allem wegen ihr bekommen wir wunderbare Coverversionen von Nummern der Lemonheads, Chilli Peppers und Nirvana in unsere Gesichter geschleudert. Einige Titel, die das Hitradio auch spielt, und um die man auf dem Lande offenbar nicht herumkommt, stören nicht. Gewünscht hätte ich mir jedoch ein paar selbst geschriebene Nummern von dieser Rampensau. Auf der Fläche vor der Bühne, vorhin noch der schlechteste Platz wegen des Friteusengeruchs, tummeln sich ab dem zweiten Set der Band auffallend viele lokale Rockgrößen vergangener Tage, die die Qualität der Combo würdigen. Der Ex-Schlagzeuger von Barcley’s Bluesfriends zum Beispiel, ein paar versprengte Ex-Mitglieder von Mental Age und die Jungs von Clark 9 extended: die aktuelle Besetzung, sich im mittlerweile biblischen Alter befindliche Ex-Groupies sowie C9 Managerlegende Gunner. Uns arrogante Säcke begeistert zu haben und uns nicht einmal im Traume daran denken zu lassen, ihnen die Instrumente aus den Händen zu reißen, um selbst auf die Bühne gehen und den Laden auf links zu ziehen (so ging es der anderen Band in den letzten Jahren regelmäßig), hat in den letzten Jahren niemand geschafft. Ted sagt „Danke“. UPDATE: da in den Kommentaren das Thema "Messagetwister" eine Rolle spielt, habe ich als Bild vorübergehend Elvis Pressluft im Einsatz genommen.