Dienstag, 11. November 2008
Fundstücke #1: Kurt Tucholsky über Banken
Wenn die Börsenkurse fallen,
regt sich Kummer fast bei allen,
aber manche blühen auf:
Ihr Rezept heißt Leerverkauf.
Keck verhökern diese Knaben Dinge,
die sie gar nicht haben,
treten selbst den Absturz los,
den sie brauchen - echt famos!
Leichter noch bei solchen Taten
tun sie sich mit Derivaten:
Wenn Papier den Wert frisiert,
wird die Wirkung potenziert.
Wenn in Folge Banken krachen,
haben Sparer nichts zu lachen,
und die Hypothek aufs Haus
heißt, Bewohner müssen raus.
Trifft's hingegen große Banken,
kommt die ganze Welt ins Wanken
- auch die Spekulantenbrut
zittert jetzt um Hab und Gut!
Soll man das System gefährden?
Da muss eingeschritten werden:
Der Gewinn, der bleibt privat,
die Verluste kauft der Staat.
Dazu braucht der Staat Kredite,
und das bringt erneut Profite,
hat man doch in jenem Land
die Regierung in der Hand.
Für die Zechen dieser Frechen
hat der Kleine Mann zu blechen
und - das ist das Feine ja
- nicht nur in Amerika!
Und wenn Kurse wieder steigen,
fängt von vorne an der Reigen
- ist halt Umverteilung pur,
stets in eine Richtung nur.
Aber sollten sich die Massen
das mal nimmer bieten lassen,
ist der Ausweg längst bedacht:
Dann wird bisschen Krieg gemacht.
Quelle: Kurt Tucholsky, 1930, veröffentlicht in 'Die Weltbühne'
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2 Kommentare:
Gelungen!
Vergleiche auch Georg Simmel von 1900: "Das Geld ist die Spinne, die das gesellschaftliche Netz webt."
Ansonsten empfehle ich z.Zt. das neue Album von AC/DC: Black Ice! Nicht, dass es etwas mit Geldgeschäften und Finanzpolitik zu tun hätte, ("Money Talking" hat auch schon wieder fast 20 Jahre auf dem Buckel) nein, aber super ist es trotzdem! Checkt it out, Kurt hätte es sicher auch gefallen...
Es gibt irgendwo was von einem der amerikanischen Urväter zum Thema. Ich werds mal suchen - und die neue AC/DC werde ich mir mal geben.
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